Woher kommt eigentlich der Name "Stitzenburg" ?


Lesen wir bei Hermann Lenz:

[...] Zur Linken lohnt es sich, auf unsre Stadt hinabzuschauen und der Stitzenburg zu gedenken, welche nicht weit von hier bereits um 1770 als Gartenwirtschaft des Uhrmachers Stitz beliebt gewesen ist. Ursprünglich ein Landhaus, das "Kleine Solitude" oder "Grüneisens Solitude" geheißen hat, ließ Herr Stitz eine Wirtschaft daraus machen, wo man im Freien sitzen und von einer Gartenterrasse aus, inmitten von Weinbergen, ins blaudunstige Nesenbachtal schauen konnte, während Kinder sich in einer Schaukel wiegten. Ein Vesper, sagen wir mit Kräuterkäse und mit Butter, gab dem Bodeng'fährtle des Weines und des Mostes die richtige Unterlage ...

Hermann Lenz: Durch Straßen schlendern, 1967-73, "Stafflenbergstraße", (Auszug)
© 1983  Belser Verlag, Stuttgart und Zürich


 

 

 Die Stitzenburg. ca. 1832

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Wie lange die "Stitzenburg" in diesem Gebäude allerdings noch als Ausflugsgaststätte existiert hat, ist nicht bekannt. Christian Friedrich Stitz jedenfalls ist bereits 1840 verstorben. Kurz darauf scheint es einen Besitzerwechsel gegeben zu haben - als neuer Eigentümer wurde der Infanteriegeneral Wilhelm Frhr. v. Spitzemberg eingetragen. In der offiziellen Stuttgart-Karte von 1855 ist das Anwesen dann auch schon als "Spitzembergs Landhaus" verzeichnet.

Um die Jahrhundertwende gab es in der Gegend aber immerhin noch zwei Gastronomiebetriebe, die sich weiterhin auf den Traditionsnamen beriefen: zum einen das Lokal "Alte Stitzenburg", Wächterstr. 3 /Hhs., zum anderen das Restaurant "Stitzenburg" in dem 1898 neu errichteten Haus Stitzenburgstr. 1. Als dessen Eigentümerin stand die Stuttgarter Tivoli Brauerei AG im Grundbuch; der Betreiber der Gaststätte, zu der ein großer, schattiger Garten gehörte, war ein gewisser Adolf Enchelmayer. Eine Postkarte von 1904 zeigt das stattliche, vierstöckige Gebäude am Rand des schon damals zum Rondell ausgebildeten oberen Straßenendes.



 

 

 Das Restaurant "Stitzenburg"
Ansichtskarte aus dem Jahr 1904

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So einmalig und sperrig, wie der Name "Stitzenburg" nun einmal ist (selbst Einheimischen ist er kaum mehr geläufig), so oft wird er von Nicht-Stuttgartern verwechselt und verfremdet. Im Briefverkehr kommen nicht selten so kuriose Gebilde zustande wie Sitzenburg-, Spitzberg-, Sitzburg-, Sitzenberg- oder gar Spitzweg-Apotheke. Aber kann man dies im Zeitalter sich verselbständigender und automatisch korrigierender Textverarbeitungsprogramme irgend jemand verübeln? Wohl kaum.

 

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